Die Geschichte der deutschen Standardsprache und ihre Dialekte

16. Februar 2025

In diesem Blogeintrag untersuche ich, wie aus einer Vielzahl von Dialekten eine deutsche Standardsprache entstanden ist, welche Faktoren diesen Wandel dabei beeinflusst haben und wie die Dialektlandschaft in Deutschland heute aussieht.

Ein Blogeintrag von Lara Serin

Entwicklung der neuhochdeutschen Diphthongierung nach der schriftlichen Überlieferung

Im Deutschunterricht haben wir uns mit der Geschichte der deutschen Sprache beschäftigt. Das Deutsche ist neben dem Englischen und den skandinavischen Sprachen eine germanische Sprache, die wiederum Teil der indoeuropäischen Sprachfamilie ist - einer der grössten Sprachfamilien auf der Welt, die sich über den europäischen und asiatischen Raum erstreckt. Es gab über viele Jahrhunderte hinweg eine Vielzahl von regionalen Dialekten, die sich untereinander stark unterschieden. Doch wie entstand daraus eine gemeinsame Standardsprache?

Bis ins Spätmittelalter war die deutsche Sprache von Dialekten geprägt. Es gab keine einheitliche Schreibweise, da jede Region ihre eigenen Dialekte verwendete. Besonders in der Schriftlichkeit machte sich diese Vielfalt sichtbar. Im Norden wurde Niederdeutsch gesprochen, welches dem Englischen nahe stand. Mitteldeutsch wurde in Zentraldeutschland verwendet und war die Brücke zwischen Hoch- und Niederdeutsch. Im Süden wurde Oberdeutsch gesprochen, welches bereits viele Merkmale des späteren Hochdeutschen trug. Diese Dialekte unterschieden sich in der Aussprache, Grammatik und auch im Wortschatz. Somit war eine überregionale Verständigung sehr schwierig. Ein entscheidender Faktor für die Entwicklung des Hochdeutschen war die zweite Lautverschiebung (5.–8. Jahrhundert). Diese nahm vor allem im Süden einen starken Einfluss, während sie im Norden kaum stattfand. Dadurch bildete sich eine klare Trennung zwischen Hoch- und Niederdeutsch​.

Obwohl viele Dialekte weiterhin gesprochen wurden, trug die zunehmende Schriftlichkeit wesentlich zur Entstehung des Neuhochdeutschen bei. Besonders die Kanzleien der Verwaltung und Gerichte entwickelten überregionale Schreibsprachen, um die Kommunikation untereinander zu erleichtern. Zwei wichtige Kanzleisprachen waren: Die oberdeutsche Schreibsprache (z. B. in Bayern und Österreich) und die ostmitteldeutsche Kanzleisprache (z. B. in Sachsen). Die Bibelübersetzung von Martin Luther im Jahr 1522 stellte einen weiteren Wendepunkt dar. Luther wählte als Grundlage bei seiner Übersetzung die ostmitteldeutsche Kanzleisprache. Diese war nämlich sowohl für ober- als auch für niederdeutsche Sprecher verständlich. Seine Übersetzung konnte anschliessend durch den Buchdruck weit verbreitet werden.

Im Übergang vom Mittel- zum Neuhochdeutschen gab es einige wichtige sprachliche Veränderungen, wie die Monophthongierung, Diphthongierung und das Schwächen von Nebensilben. Diese Veränderungen sorgten dafür, dass die gesprochene Sprache mehr und mehr der geschriebenen Sprache ähnelte. Im 18. und 19. Jahrhundert wurde Hochdeutsch schliesslich zur Standardsprache. Eine wichtige Rolle spielte dabei der Buchdruck: Bücher wurden in einer einheitlichen Sprache gedruckt und verbreitet, wodurch Dialekte zunehmend aus offiziellen Texten verschwanden. Das Hochdeutsche wurde auch in Schulen und Universitäten unterrichtet. Autoren wie Goethe und Schiller trugen dazu bei, dass das Hochdeutsche als literarische Norm anerkannt wurde. Wie sieht die Dialektlandschaft in Deutschland jedoch heute aus?

Die heutige Dialektlandschaft in Deutschland

Während sich das Hochdeutsche als allgemeine Standardsprache durchgesetzt hat, sind die Dialekte keineswegs verschwunden. Vielmehr existieren sie heute parallel zum Hochdeutschen – allerdings mit deutlichen Veränderungen. Während einige Dialekte nach wie vor lebendig sind, wurden andere stark zurückgedrängt oder vermischen sich mit Hochdeutsch. Die Einteilung der deutschen Dialekte in Niederdeutsch, Mitteldeutsch und Oberdeutsch besteht auch heute noch.

Das Niederdeutsch, das auch als Plattdeutsch bekannt ist, ist vor allem im Norden, von den Küstenregionen Schleswig-Holsteins bis hin zu den Niederlanden verbreitet. Dieser Dialekt stammt direkt vom Altniederdeutschen ab und zeichnet sich dadurch aus, dass es die zweite Lautverschiebung weitgehend nicht mitgemacht hat. Somit unterscheiden sich das Hochdeutsch und das Niederdeutsch deutlich in Aussprache und Wortschatz. Plattdeutsch wird heute vor allem in ländlichen Regionen gesprochen, aber es gibt immer weniger junge Sprecher. Obwohl es bin ins 19.Jahrhundert eine bedeutende Sprache war, wird es heute in vielen städtischen Regionen wie Hamburg oder Bremen zunehmend vom Hochdeutschen verdrängt.

Das Mitteldeutsch wird in zentralen Regionen wie Hessen, Thüringen und Teilen Sachsens gesprochen. Es bildet oft eine Übergangszone zwischen Niederdeutsch und dem Oberdeutsch. Die Dialekte in dieser Gruppe sind besonders durch eine Vielzahl von lokalen Varianten geprägt. In Thüringen etwa klingt der Dialekt rau und melodisch zugleich, was ihn von den eher flachen Ausdrücken des Niederdeutschen unterscheidet. In Hessen wiederum unterscheidet sich das „Hessisch“ von den Dialekten aus Sachsen, auch wenn beide Gruppen als Teil des Mitteldeutschen betrachtet werden. Besonders in ländlichen Gebieten, wie im Vogtland oder im Thüringer Wald, hat sich der regionale Dialekt über Generationen hinweg erhalten. Auch hier ist ein Wandel zu beobachten, insbesondere in städtischen Regionen, wo der Gebrauch des Dialekts in den Alltag immer weniger einfliesst. In Regionen wie Hessen oder Thüringen gibt es noch aktive Dialektsprecher, aber in Städten wie Leipzig oder Frankfurt am Main dominiert Hochdeutsch.

Das Oberdeutsch dominiert den Süden des Landes, insbesondere in den Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg und Teilen von Österreich und der Schweiz. Ein markantes Merkmal der oberdeutschen Dialekte sind die zahlreichen Lautveränderungen, die sich von den anderen deutschen Dialekten unterscheiden. Besonders in Bayern und Schwaben sind die Dialekte nicht nur regional unterschiedlich, sondern auch lokal, die mitunter nur von Muttersprachlern verstanden werden. Im Oberdeutschen sind auch die zahlreichen Kleinstformen auffällig, die das Hochdeutsch nicht kennt. Der Schwäbische Dialekt ist hier ein gutes Beispiel: „S' Häusle“ für „das Häuschen“ oder „s'Bierle“ für „das Bier“. In Bayern, Baden-Württemberg und Teilen Österreichs sind Dialekte besonders stark erhalten. Viele Menschen sprechen noch täglich Bairisch oder Schwäbisch, oft parallel zum Hochdeutschen. Dennoch gibt es auch hier in den Städten eine zunehmende Angleichung an die Standardsprache.

Quellen: